Autor: |Veröffentlicht am 27. Mai 2019|Aktualisiert am 21. März 2024

Zum Tag der Organspende: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. plädiert erneut für Widerspruchslösung

Berlin, 27.05.2019. Die Zahl der Organspenden in Deutschland geht wieder zurück: Anlässlich des Organspendetages am 1. Juni weist die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) darauf hin, dass die Zahl der Organspenden, nach einer leichten Verbesserung in 2018, im ersten Quartal 2019 wieder rückläufig ist. Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion und der Anfang Juni anstehenden parlamentarischen Debatte zur Reform der Organspende erneuert die Fachgesellschaft deshalb ihre Forderung nach Einführung der doppelten Widerspruchslösung, die ein Einspruchsrecht der Angehörigen beinhaltet.
„Wir sind froh, dass wir als Fachgesellschaft Anfang 2018 die jetzige Debatte anstoßen konnten und, dass der Gesetzgeber Konsequenzen gezogen hat. Unsere Forderungen nach Systemkorrekturen spiegeln sich im Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende, das am 1. April 2019 in Kraft getreten ist“, sagt Prof. Dr. Paolo Fornara, Mitglied der Ständigen Kommission Organtransplantation sowie der Prüfungs- und Überwachungskommission der Bundesärztekammer und Past-Präsident der DGU in der Amtsperiode 2017/2018. „Aber Deutschland muss auch den zweiten Schritt gehen und die Widerspruchslösung umsetzen“, so der Transplantationsmediziner weiter. Aktuelle Vergleichszahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation unterstreichen die Dringlichkeit effektiver Maßnahmen: Im ersten Quartal 2017, dem historisch schlechtesten Jahr, gab es 212 Organspender; im ersten Quartal 2018 waren es 261, und im ersten Quartal 2019 rutschte die Zahl der Organspender erneut ab, auf 224 Spender. Dabei sank die Zahl der transplantierten Organe im ersten Quartal 2019 (714) sogar unter den Vergleichswert von 2017 (729).

Dass inzwischen zwei alternative Gesetzentwürfe vorliegen, erlaube eine angemessen umfassende Auseinandersetzung in der Debatte, so die DGU. Der von Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) vorgelegte fraktionsübergreifende Entwurf eines „Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ sieht vor, dass jeder volljährige Mensch in Deutschland als Organspender gilt – es sei denn, er hat dem widersprochen. Auch Angehörige können widersprechen. Der Alternativentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Entschei­dungsbereitschaft bei der Organspende“ von Abgeordneten aller Fraktionen im Bundestag außer der AfD setzt weiter auf eine ausdrückliche Zustimmung zur Organspende. Hausärzte sollen beraten, Ämter bei der Ausstellung neuer Personaldokumente erinnern. Die freiwillige Entscheidung für oder gegen die Organspende könnte, sofern sie denn getroffen wird, in einem Online-Register festgehalten werden.

Damit würde sich allerdings wenig zur derzeit geltenden Entscheidungslösung mit Information durch die Krankenkassen ändern. Ebenso gering dürfte der Zuwachs an Spendern ausfallen. Schon heute stehen über 80 Prozent der Bevölkerung der Organ- und Gewebespende positiv gegenüber, aber nur gut ein Drittel hat auch einen Spenderausweis. „Um diese Kluft zu verringern, brauchen wir die Einführung der doppelten Widerspruchslösung“, betonen Prof. Fornara und der amtierende DGU-Präsident Prof. Dr. Oliver W. Hakenberg. „Eine Pflicht zur Organspende entsteht nicht. Jeder Einzelne kann seine persönliche Haltung erklären. Wer seine Organe nicht spenden möchte, hat das Recht, aktiv zu widersprechen. Zusätzlich haben auch die Angehörigen im konkreten Fall ein Einspruchsrecht“, so Prof. Hakenberg.

Getragen wird die DGU-Forderung nach Einführung der Widerspruchslösung seit dem Erfurter Ärztetag im Mai 2018 von der Bundesärztekammer sowie inzwischen von zahlreichen medizinischen Fachgesellschaften. „In 24 von 30 Ländern in Europa gilt die Widerspruchslösung, in den Niederlanden tritt sie 2020 in Kraft“, sagt Transplantationsexperte Fornara. Die Entscheidungslösung gilt allein in Deutschland, das damit im Vergleich der Mitgliedsländer von Eurotransplant mit nur 9,7 postmortalen Organspendern pro einer Million Einwohner an letzter Stelle steht und international, hinter dem Iran und vor Rumänien, auf Platz 30 rangiert. „Nur mit dem Gesamtpaket aus Strukturverbesserungen und Widerspruchslösung werden wir den Mangel an Spenderorganen verringern und, so wie die absolute Mehrheit der Eurotransplant-Länder, mehr Leben auf der Warteliste retten können“, resümiert DGU-Präsident Prof. Hakenberg.

Hinweise:
Aktuelles zur Nierentransplantation thematisiert die DGU auf ihrer 71. Jahrestagung vom 18. bis 21. September 2019 in der Hamburg Messe

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