Autor: |Veröffentlicht am 29. September 2025|Aktualisiert am 29. September 2025

Urologie verbindet – Nachlese zum 77. DGU-Kongress (29.09.2025)

Hamburg. „Urologie verbindet“ war mehr als ein Motto. Es prägte den 77. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. Rund 7500 Teilnehmende kamen nach Hamburg, darunter mehr als 1000 aus dem parallel stattfindenden Pflegekongress. Vier Tage lang bot das Congress Center Hamburg über 130 Sitzungen, Workshops und Foren. Der Andrang war in diesem Jahr besonders groß: In vielen Sitzungen reichte der Platz nicht aus, die Vorträge wurden vor die Veranstaltungsräume übertragen.

Nähe und Verantwortung

Kongresspräsident Prof. Dr. Bernd Wullich betonte in seiner Eröffnungsrede, dass gute Medizin Präzision braucht, aber auch Nähe. Sie gelingt nur, wenn Ärztinnen und Ärzte mit Pflegekräften, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Patientinnen und Patienten im Gespräch bleiben. Forschung müsse ankommen, wo sie wirkt: in der Versorgung.

Ein klarer Schwerpunkt war Nachhaltigkeit. Der Gesundheitssektor ist in Deutschland für 5,2 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich und verbraucht 5% der Rohstoffe. Für Prof. Wullich ist das Fach gefordert, hier Verantwortung zu übernehmen. Die DGU hat eine Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit und Ökonomie gegründet und eine Roadmap beschlossen. Sie reicht von einer Mitgliederbefragung und Aufklärung über die Analyse von Potenzialen bis zu Pilotprojekten. UroEvidence soll wissenschaftliche Grundlagen bündeln; Fraunhofer-Schulungen und Podcasts geben praktische Hinweise für den Alltag. Nachhaltigkeit zeigt sich nicht nur in Konzepten, sondern auch in den Folgen für die Medizin: Hitzewellen belasten vulnerable Patientengruppen, Allergien nehmen zu, Infektionskrankheiten breiten sich aus. Zugleich lassen sich Emissionen durch den Umstieg auf alternative Narkosemittel oder den Verzicht auf Einmalmaterialien senken. Nachhaltige Urologie ist Teil von Qualität und Patientensicherheit.

Präsidentenforum als Brennglas

Im Präsidentenforum wurde das Spannungsfeld zwischen Finanzierung, Qualität und Kommunikation sichtbar. Prof. Dr. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, erinnerte daran, dass Deutschland enorme Mittel ins Gesundheitssystem investiert, aber nicht überall Spitzenergebnisse erreicht. Er kündigte an, dass der G-BA ein Beratungsverfahren zu einem aufklärungsgestützten, risikoadaptierten PSA- und MRT-Screening eröffnet. Damit wird ein Kernpunkt der neuen S3-Leitlinie aufgegriffen.

Die Diskussion zeigte, dass Qualität nicht nur von Strukturen abhängt. Prof. Dr. Jalid Sehouli von der Charité machte deutlich, wie zentral Kommunikation ist. Eine Krebsdiagnose brauche nicht nur technische Präzision, sondern Worte, die tragen. Katrin Kastrati sprach als Patientenvertreterin über ihre Erfahrungen und Erwartungen. Patientinnen und Patienten wollen beteiligt werden, nicht nur punktuell, sondern in den Strukturen der Versorgung und Forschung.

Breite des Programms

Im DGU-Forum stellte Generalsekretär Prof. Dr. Max Burger die Projekte der Fachgesellschaft vor. Forschung fördern, Wissen vermitteln und Qualität sichern sind die Leitplanken. UroEvidence bietet Orientierung, Leitlinienarbeit setzt Standards. Die Weiterbildung wurde mit dem Programm WECU weiter ausgebaut, das Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung einen klaren Fahrplan bietet. Ein neues PJ-Logbuch unterstützt Studierende, der Imagefilm machte die Attraktivität des Fachs sichtbar. Nachwuchsformate wie Schüler:innen- und Student:innentag öffneten Türen für Interessierte, Pflege- und Teamakademie boten eigene Schwerpunkte.

Forschung im Fokus

Die wissenschaftliche Breite war groß; besonders viel Aufmerksamkeit erhielt das überarbeitete Kapitel Früherkennung der neuen S3-Leitlinie Prostatakarzinom. Die rektale Untersuchung wird darin nicht mehr als Methode der Früherkennung empfohlen, während Aufklärung, risikoadaptierte PSA-Testung und MRT an Bedeutung gewinnen. Ziel ist, Überdiagnosen zu vermeiden und den Nutzen zu erhöhen. Dass dieses Thema auch im Präsidentenforum behandelt wurde, zeigt seine Tragweite für die Versorgung und für gesundheitspolitische Entscheidungen.

Neuer Vorstand 

Bei der Mitgliederversammlung wurden drei neue Vorstandsmitglieder gewählt: Prof. Dr. Jens-Uwe Stolzenburg (Leipzig) als zweiter Vizepräsident, Prof. Dr. Angelika Borkowetz (Rostock) für das Ressort Leitlinien und Qualitätssicherung und Dr. Christian Eggersmann (Rheine) für das Ressort Vernetzung von Praxis und Klinik.

Der Kongress wurde engmaschig auf Instagram begleitet, auch auf LinkedIn. Unter dem Kanal @dg.uro nutzten viele Teilnehmende die Möglichkeit, Eindrücke zu teilen und sich zu vernetzen.

Preise und Auszeichnungen

Im Rahmen des Kongresses wurden mehr als 30 Preise und Stipendien verliehen. Die höchste Auszeichnung der Urologie, die Nitze-Medaille, erhielt Prof. Dr. Peter Albers. Mit der Medaille würdigte die DGU sein langjähriges Engagement für Forschung, Lehre und die Entwicklung des Fachs. Der Maximilian-Nitze-Preis ging in diesem Jahr an Prof. Dr. Wolfgang Fendler (Essen) und PD Dr. Dr. Eckstein (Dresden). Der Medienpreis Urologie wurde an die Assistenzärtzin Dr. Maria Sprinz vergeben, die unter anderem auf TikTok und Instagram als @answeringforafriend frische und inklusive urologische Aufklärungsarbeit leistet.

Ausblick

Am Ende des Kongresses übergab Prof. Wullich das Amt an Prof. Dr. Susanne Krege, die den 78. DGU-Kongress 2026 in Düsseldorf leiten wird. Ihr Motto lautet: „Dem Leben eine Zukunft geben“.

 

Eindrücke vom Kongress

Weitere Informationen:

DGU-Pressestelle
Franziska Gätcke
pressestelle(at)dgu.de
030 8870 833 11