Autor: |Veröffentlicht am 30. September 2023|Aktualisiert am 21. März 2024

Nachlese zur 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. Der DGU-Kongress ist stärker denn je!

Dem Trend zur Online-Fortbildung zum Trotz: Der DGU-Kongress ist stärker denn je! Mehr als 6200 nationale und internationale Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die 75. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) vom 20. bis 23. September 2023 im Congress Center Leipzig (CCL) besucht. „Damit liegt Leipzig annähernd gleichauf mit dem bekanntlich bisher besten Standort Hamburg“, Generalsekretär Prof. Dr. med. Maurice Stephan Michel hatte nach vier ereignisreichen Kongresstagen allen Grund zur Freude. „Die große Zahl der Besucherinnen und Besucher zeigt, wie wichtig Wissenstransfer und persönlicher Austausch vor dem Hintergrund der aktuellen fundamentalen Umwälzungen im Gesundheitssystem sind“, resümierte DGU- und Kongresspräsident Prof. Dr. med. Martin Kriegmair, der die wohl am stärksten berufspolitisch geprägte Jahrestagung der wissenschaftlichen Fachgesellschaft geleitet hatte.

Der Präsident Europas größter nationaler Vereinigung von Urologinnen und Urologen hatte unter dem Motto #Urologie #interdisziplinar #voraus die interdisziplinäre Zusammenarbeit in einer immer komplexeren Urologie und, im Jahr der großen Gesundheitsreformen, dieTransformation des Faches durch Digitalisierung, Krankenhausreform, Ambulantisierung und den Fachkräftemangel in den Fokus gerückt und damit offenbar genau die Bedürfnisse der urologischen Community getroffen.



DGU stellt Algorithmus für ein risikoadaptiertes, PSA-basiertes Screening vor

Im hochsommerlichen Leipzig legte die DGU am Eröffnungstag ihres 75. Jubiläumskongresses erneut einen Turbostart hin, und bereits auf der gut besuchten Pressekonferenz setzte der DGU-Generalsekretär die erste und wahrscheinlich wichtigste Botschaft aus Leipzig ab. Michel stellte der Öffentlichkeit einen Algorithmus für ein risikoadaptiertes, PSA-basiertes Screening mit ggf. anschließender multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) vor und appellierte an die Verantwortlichen, die EU-Ratsempfehlung für ein Prostatakrebs-Früherkennungsprogramm als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen umzusetzen. „Es darf nicht sein, dass Deutschland zum Schlusslicht in der Früherkennung des Prostatakarzinoms in Europa wird“, so der Generalsekretär. Das Thema wurde von den Medien vielfach aufgegriffen fand nicht zuletzt Eingang in die Hauptnachrichten von ZDFheute.

Mit dem offiziellen Eröffnungs-Gongschlag im DGU-Plenum folgte, quasi auf dem Fuße, das nächste Kongress-Highlight, das heiße gesundheitspolitische Eisen auf der Agenda hatte. Ambulantes Operieren könne nach Worten des Präsidenten eine Erfolgsstory werden, dafür brauche es eine hohe Fallzahl und eine eigene organisatorische, personelle und bauliche Infrastruktur, die Vergütung müsse ausreichend und entsprechende Investitionsmittel vorhanden sein. Mit Blick auf das Krankenhausstrukturgesetz unterstrich Generalsekretär Michel, dass die Urologie für die kommenden Veränderungen sicher aufgestellt sei und es für den 3. Sektor bislang stationärer Leistungen enger Kooperationen und regionaler Vernetzungen bedürfe. Ein Plädoyer für die Zweiteilung des DGU-Vorstandsressorts Ressort Wissenschaft und Praxis in Klinik und Praxis hielt der scheidende DGU-Vorstand Dr. med. Thomas Speck, der während seiner siebenjährigen Höchstamtszeit die Belange niedergelassener Urologinnen und Urologen in dem Gremium vertreten hatte. Auch die Vorsitzende der GeSRU, Dr. med. Carolin Siech, sandte einen Appell aus dem DGU-Plenum: Weiterbildung müsse auch bei eingeschränkten Ressourcen funktionieren.

Nicht weniger dynamisch ging es durch die folgenden Kongresstage mit einem wissenschaftlichen Programm, das sechs Plenen, u.a. zum Prostata- und zum Harnblasenkarzinom, 36 Foren und 365 angenommenen Abstracts in 40 Vortragssitzungen umfasste. Über 30 nichturologische Referentinnen und Referenten trugen der Interdisziplinarität Rechnung. Vorgestellt wurden die Aktualisierungen der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen, der S2e-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS) sowie der S2k-Leitlinie Varianten der Geschlechtsdifferenzierung. Brennende Themen wie Fachkräftemangel, Nachwuchsbindung, neue Versorgungs- und Kooperationsmodelle, Digitalisierung der Urologie, Telehealth, Apps, Künstliche Intelligenz und Co. wurden schwerpunktmäßig adressiert.



Prominente Stimmen auf dem 75. DGU-Kongress

Fast bis auf den letzten Platz besetzt war das Plenum des Präsidenten am Kongress-Donnerstag, in dem Prof. Kriegmair das Auditorium auf, in seinen Worten, disruptive Veränderungen in der Urologie durch die Krankenhausreform, die Alterung der Gesellschaft sowie den Fachkräfte- und Ärztemangel vorbereitete. In der mit Spannung erwarteten Festrede von Ministerpräsident a.D. Dr. Edmund Stoiber bewies der 81-Jährige, dass er noch immer ein Vollblutpolitiker ist. Mitreißend wie in früheren Zeiten warb der ehemalige bayerische Ministerpräsident ein Jahr vor den Europawahlen für eine starke europäische Gemeinschaft und blickte auf Deutschlands Rolle in einer globalisierten Welt. Anhaltenden Applaus gab es für den Stanford-Professor, Neurowissenschaftler und Nobelpreisträger für Physiologie/Medizin Thomas Christian Südhoff, der in seinem wissenschaftlichen Vortrag mit tiefen Einsichten in das Verständnis für das menschliche Gehirn beeindruckte und mit seinen Zukunftsvisionen, etwa zur Genschere CRISPR, bei den anwesenden überwiegend klinischen Medizinern große Hoffnungen weckte, Krankheiten mit innovativen Methoden bekämpfen zu können.   



Novum: Protestaktion von Urologinnen und Urologen

Angesichts der anstehenden Transformationsprozesse widmete die DGU am Kongress-Freitag unter dem Titel „Urologie im Spannungsfeld der Reformen“ erstmals ein, ebenfalls hochkarätig besetztes, Plenum der Berufspolitik. Ansichten zur Reformierung der stationären und sektorenübergreifenden Versorgung gab es hier quasi aus erster Hand von Prof. Dr. med. Tom Bschor, dem Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit. Für Aufsehen sorgte am Ende des Plenums die, soweit bekannt, erste Protestaktion auf einem DGU-Kongress, mit der Urologinnen und Urologen ihrem Unmut gegen die derzeitige Gesundheitspolitik Ausdruck gaben. „Keine Staatsmedizin!“, „Für den freien Arztberuf!“ oder „Sichere Finanzierung für Praxis und Klinik!“ war auf den Schildern zu lesen, die nahezu das komplette Auditorium Richtung Berlin adressierte.  

Dieses und viele andere Highlights vom DGU-Kongress in Leipzig konnten unter dem Hashtag #dgu23 in den Social-Media-Kanälen auf Twitter (@dgurologie und @dgukongress) und Instagram (dgurologen) sowie auf LinkedIn mit Bildern und O-Tönen aus der DGU-Spitze verfolgt werden. Auch die Vertreterinnen der DGU-Arbeitsgemeinschaft Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen, Dr. med. Hannah Arnold und Dr. med. Eva Hellmis, meldeten sich via DGU in den sozialen Medien zu Wort. Unter anderem mit dem Wunsch nach paritätisch besetzten Panels auf den Podien und Moderationen des nächsten DGU-Kongresses. Die AG hatte in Leipzig in einem eigenen Forum ein Update zur Situation der Frauen in der Urologie und den Aktivitäten ihrer Arbeitsgemeinschaft gegeben und mit einem Plakat ihrer Arbeitsgruppe „Operieren in der Schwangerschaft“ auf sich aufmerksam gemacht.



„I love urology“

Viel Aufmerksamkeit und jede Menge Wir-Gefühl konnte das Ressort Öffentlichkeitsarbeit in Leipzig zudem mit seiner Aktion „I love urology“ generieren: Die Anstecker mit dem Bekenntnis zur Urologie waren höchst gefragt, prangten schließlich an vielen Revers und allen, die den Kongress auf Social-Media begleiteten, winkte ein Pop-Socket fürs Handy – natürlich mit der Aufschrift „#DGU“.

Traditionell fanden im Rahmen der DGU-Jahrestagung ein Pflegekongress für die urologischen Pflege- und Assistenzberufe, ein Schülerinnen- und Schülertag sowie ein Studierendentag für den dringend gebrauchten medizinischen Nachwuchs im Zukunftsfach Urologie statt. Auf der Industrieausstellung im CCL präsentierten rund 160 nationale und internationale Unternehmen Neues aus der Pharmaindustrie und der Medizintechnik.

Der DGU-Stand erwies sich in Leipzig, in ausnehmend guter Lage platziert, einmal mehr als hochfrequentierte Anlaufstelle. Die historische Ausstellung der Fachgesellschaft galt anlässlich des 75. Kongress-Jubiläums Aspekten von Tradition, Kontinuität und Fortschritt in einem sich wissenschaftlich stetig wandelnden Fach.



Ehrungen und Preise

Mit der höchsten Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V., der Maximilian Nitze-Medaille für besondere Verdienste für das Fach Urologie wurde in Leipzig die international renommierte Expertin für rekonstruktive Urologie und Kinderurologie Prof. Dr. med. Margit Fisch, Hamburg, geehrt, die 2021/2022 als erste Frau das Amt der DGU-Präsidentin innehatte. PD Dr. med. Tim Nestler, Koblenz, erhielt mit dem Maximilian Nitze-Preis die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der Fachgesellschaft für seine Arbeit „Differentially expressed messenger RNA/proteins can distinguish teratoma from necrosis in postchemotherapy retroperitoneal lymph node dissection tissue“.

Mit dem Medienpries Urologie 2023 wurde NDR-Autor Niels Walker im Rahmen der DGU-Pressekonferenz für seinen TV-Beitrag „Hodenkrebs rechtzeitig erkennen durch regelmäßige Vorsorge“ ausgezeichnet, der in der Sendung „Visite“ ausgestrahlt wurde. Die Laudatio hielt dankenswerterweise der deutschlandweit bekannte und fachübergreifend angesehene Mediziner Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, den die DGU für die Medienpreis-Jury hatte gewinnen können.



Vorstandswahl stellt Weichen für die zweite Frau an der Spitze der DGU

Mit der Wahl von Prof. Dr. med. Susanne Krege, Essen, zur 2. Vizepräsidentin, die der Satzung der Fachgesellschaft zufolge in der Amtsperiode 2025/2026 in das Präsidentenamt aufrücken wird, stellten die DGU-Mitglieder bei den turnusgemäßen Vorstandswahlen auf dem Kongress in Leipzig die Weichen für die zweite Frau an der Spitze der Fachgesellschaft.
Zum Schatzmeister wiedergewählt wurde Prof. Dr. med. Christian Bolenz, Ulm. Drei weitere Vorstandspositionen waren aufgrund des Ablaufs der Amtszeit neu zu besetzen. Zum Nachfolger von Prof. Dr. med. Marc-Oliver Grimm im Ressort Fort- und Weiterbildung wählten die Mitglieder Univ.-Prof. Dr. med. Boris Hadaschik, Essen, neu in den Vorstand. Für das zweigeteilte Ressort Wissenschaft und Praxis wurde Prof. Dr. med. Daniela Schultz-Lampel, Villingen-Schwenningen, im Bereich Klinik für eine weitere Amtszeit gewählt. Als Nachfolger von Dr. med. Thomas Speck, Berlin, im Bereich Praxis wurde Prof. Dr. med. Frank König, Berlin, neu in den DGU-Vorstand gewählt.

Der weltweit drittgrößte Urologie-Kongress, der einmal mehr vom Interplan-Team um Tanja Langmesser perfekt umgesetzt wurde, endete nach spannenden Take-Home-Messages am Samstag, den 23. September 2023 mit dem Gongschlag und der traditionellen Amtsübergabe: Prof Dr. med. Martin Kriegmair übergab die Präsidentschaft an Prof. Dr. med. Jürgen Gschwend, München, der den 76. DGU-Kongress vom 25. bis 28. September 2024 im Congress Center Leipzig leiten wird.

Damit heißt es nicht nur „nach dem Kongress ist vor dem Kongress“, sondern auch: Auf Leipzig folgt Leipzig mit seinem lichtdurchfluteten Congress Center, das bei Urologinnen und Urologen hoch im Kurs steht - mehr als 6200 Teilnehmende auf der 75. DGU- Jahrestagung lassen keinen Zweifel daran.  

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