Die Uro-Kolumne 12/2021

Autor: |Veröffentlicht am 19. Januar 2022|Aktualisiert am 21. März 2024

Ungeimpft – das neue Stigma

20.12.2021. Es ist noch nicht lange her, genau gesagt am 21.11., da hat Tilman Kuban, der forsche JU-Vorsitzende folgenden Satz losgelassen: „Wir werden unser Leben nicht von 13 Millionen Ungeimpften diktieren lassen“ und im gleichen Beitrag behauptet, dass am Faktum, dass 90 Prozent der Corona-Intensivpatienten ungeimpft seien, nicht zu rütteln wäre. Die seherischen Fähigkeiten des Herrn Kuban sind bewundernswert, da die Ampel-Koalition erst Ende November eine Novellierung des Intensivregisters auf den Weg gebracht hat, die die tagesgleiche Erfassung des Impfstatus fordert. Warum hat mich das spontan an die Asterix-Episode „Der Seher“ erinnert, bezeichnenderweise hieß der Protagonist in der deutschen Übersetzung „Lügfix“. Der Alpen-Markus hat sich neulich darin verstiegen, öffentlich quasi die Rücksichtslosigkeit gegenüber Ungeimpften zu fordern, indem er sagte: „Wir haben lange Rücksicht auf alle Ungeimpften genommen, jetzt müssen wir weniger Rücksicht nehmen auf die, die selbst keine nehmen.“ Dürfen wir diese Subjekte jetzt beschimpfen oder mit faulem Obst bewerfen, zumindest aber mit Schimpf und Schande aus dem Dorf jagen oder aber müssen wir sie wegsperren, damit ihr asoziales Handeln endlich keine Gefahr mehr für uns darstellen möge? Das würde gut in das Weltbild des Herrn Montgomery passen, Sie erinnern sich, der Radiologe, der einmal der BÄK vorstand, der vor kurzem „Peitsche statt Zuckerbrot für alle Ungeimpften“ gefordert hat.

Es geht aber noch besser – eine Kommentatorin des MDR, Sarah Frühauf, hat am 19.11. folgendes rausgehauen: „Alle Impfverweigerer müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, an der derzeitigen Situation mitschuldig zu sein. Sie tragen Mitverantwortung dafür, dass die Gesellschaft unter Druck gerät, wieder Ärzte und Pflegekräfte über ihre Grenzen hinaus arbeiten, wieder Gastronomen und Ladenbesitzer um ihre Existenz bangen. Und sie müssen sich fragen, welche Mitverantwortung sie haben an den wohl Tausenden Opfern der Corona-Welle …“

Was machen wir selbstgerechten Blockwarte jetzt mit dem unsolidarischen Gesocks, mit den Geiselnehmern der Gesellschaft, den Schädlingen des braven multipel geimpften Deutschen, den Existenzzerstörern, den Eiterbeulen, die das Gesundheitssystem mutwillig und arglistig überlasten, und deren Handeln, in diesem Falle deren Unterlassen, der Tod tausender unschuldiger Corona-Opfer anzulasten ist? Gesellschaftlich ächten, solange drangsalieren mit allen Permutationen von „G“ bis sie endlich einknicken und reumütig zum belanglosen „Pieks“ antreten, oder doch besser zwangsvorführen? Hier darf man auf die Umsetzung des Impfzwangs gespannt sein, was kommt denn, wenn das Bußgeld nicht wirkt, oder nicht bezahlt werden kann, die Erzwingungshaft?

Die Internierung wäre auch eine gute Idee, bei 13 Millionen Menschen eine logistische Meisterleistung, aber Deutschland hat schon ganz andere Dinge geschafft – bei Impfung sofortige Entlassung mit einer Currywurst als Wegzehrung, das wirkt sicher. Den ganz Unbeugsamen könnte man ja dann noch, ob der Ihnen anzulastenden Tode tausender Unschuldiger mit § 6 des Völkerstrafgesetzbuch drohen, sicher ein minderschwerer Fall, der aber auch immerhin mindestens fünf Jahren Haft mit sich bringt.

Schreckliche Gedanken, finden Sie nicht auch? Unsere Gesellschaft teilt sich gerade in gute und schlechte Deutsche, Toleranz, Meinungsfreiheit und der Respekt vor einer höchstpersönlichen Entscheidung, die durch das Grundgesetz, dessen Wert allerdings durch das Handeln der Politik, aber auch dessen Hüter, immer fraglicher erscheint, gedeckt ist, fallen dem hysterischen Umgang mit der Pandemie, die nüchtern betrachtet lediglich ein biologisches Phänomen darstellt, schlichtweg zum Opfer. Das Virus tötet seinen Wirt, das hat die Natur so vorgesehen, aber wir töten durch unser Handeln unsere Gesellschaft und verlieren dabei auch unsere Menschlichkeit. Das geht nicht so schnell wie ein Corona-Verlauf, wird aber wesentlich nachhaltiger sein als Long-Covid. Freundschaften zerbrechen und Familien entzweien sich, ob der bornierten Selbstgerechtigkeit und Intoleranz beider Seiten.

Es ist Weihnachten – gehen wir aufeinander zu, reichen uns frisch getestet die Hand oder fallen uns in die Arme, hören einander zu und respektieren uns und unsere unterschiedlichen Ansichten, damit wir alle gemeinsam eines fernen Tages, wenn der Umgang mit unserem neuen Begleiter, dem Virus, zur Normalität geworden ist, noch eine lebenswerte Gesellschaft vorfinden.

Herzlichst

Ihr

Holger Uhthoff