Die Uro-Kolumne 01/2022

Autor: |Veröffentlicht am 21. Februar 2022|Aktualisiert am 21. März 2024

Facta sunt servanda* – was ist mit den Deutschen los?

*frei: Tatsachen sind wahr

20.01.2022. Kurz vor Weihnachten bat mich ein befreundetes, durchaus gebildetes Ehepaar um ein Rezept für Malarone als Malariaprophylaxe. Meine beiläufige – rein meinem Interesse geschuldete - Frage nach dem Reiseziel beantworteten sie mit „Südafrika“.  Bereits mit meinem Füllfederhalter in der Unterschrift begriffen, zuckten Daumen und Zeigefinger unwillkürlich – assoziiert mit einem fast unmerklichen Atemaussetzer. Kurzzeitig überlegte ich, meiner Intoleranz so schmerzhafter Torheit nachzugeben und die Signatur zu verweigern. Dennoch unterschrieb ich, weil ich mir als radikal liberaler Geist untersagt habe, in die persönliche Freiheit Anderer einzugreifen – allerdings nicht ohne die gemurmelte Bemerkung, daß sie hoffentlich wüßten, daß eine Malaria-Infektion in Südafrika angesichts der Omikron – Variante des SARS-Covid-19-Virus ihr kleinstes Problem sei, vor allem jedoch soviel ambitionierter Dummheit. Die ist der relevanteste Treiber der Pandemie.

Es gibt noch einen: die nahe der Selbstverleugnung angesiedelte Fehlinterpretation unserer in der Präambel der Verfassung verankerten Grundrechte durch selbsternannte „Expert*innen“ vorwiegend aus der _Freiheitshüter-Partei“.

Ihr kurz-weißhaariger intellektueller Vordenker, den ich übrigens grundsätzlich sehr schätze,  mutiert aktuell leider ebenso  zu Rumpelstilzchen wie sein schlecht rasierter, durch seine ungenierte Machtgier verstanderblindeter „Chef“, indem sie die Grundrechte individueller Beliebigkeit unterwerfen und zum Selbstzweck erklären– das haben diese nicht verdient, dazu sind sie viel zu gut und wertvoll. Zuviele verwirrte Seelen haben diese Partei leider in die Regierung gespült.

Grundrechte sind keine Einbahnstraße und unbestritten für alle gleich: die gebetsmühlenartigen Intoneur*innen der „Freiheit, über Eingriffe in den Körper selbst entscheiden zu dürfen“ vergessen schlichtweg Ihre und meine Freiheit, uns so bewegen und leben zu dürfen, wie wir möchten. Und Sie wie auch ich haben ebenso das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das beständig genau durch ungeimpfte Ignorant*innen beschnitten und verletzt wird. Geimpfte sind nicht Bürger*innen zweiter Klasse, nur weil sie sich und die Gesellschaft zu schützen bereit sind und für die Gesundheit Verantwortung übernehmen.

Das Gefüge gerät aus den Fugen. Beatmungsgeräte könnte man umbauen, um die Schulklassen zu belüften, weil es zu wenige gibt, die sie bedienen: infiziert, in Isolation oder gekündigt wegen permanenter Überlastung und Entwürdigung der einstigen „Held*innen des Alltags“. Es ist an Zynismus kaum zu überbieten, diese schräge Interpretation einer ziemlich guten Grundlage sozialen Zusammenlebens über das Recht auf Leben zu stellen und die Meldung über derzeit unumkehrbar 120.000 Tote weniger leidenschaftlich zur Kenntnis zu nehmen als den Wetterbericht oder die Lottozahlen.

Einige verstehe ich schon, daß sie gegen eine Impfpflicht sind – bei Ihnen hat ja die Schulpflicht ebenfalls nichts bewirkt. Die Impfpflicht ist jedoch ein nicht zielführender Irrweg, weil sie Menschen nicht läutert und nicht umsetzbar ist. Mein Vorschlag: lassen Sie uns den Menschen helfen, indem wir den Erwerb von Toilettenpapier an den gültigen Nachweis einer 3fach-Impfung binden. So erreichen wir relativ zeitnah eine angemessene Impfquote, verhindern die Spaltung der Gesellschaft – Klopapier schafft Konsens – und entlasten die politische Klasse davon, weiterhin täglich gequirlten Unsinn abzusondern. Dazu gibt es eine authentische Quelle, die, wenn auch zweihundert Jahre alt, immer noch brandaktuell ist:

„Unsinn, du siegst, und ich muß untergehn.
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“

                                                                              (Friedrich von Schiller: Die Jungfrau von Orleans III, 6. (Talbot))

Nein, ich bleibe Ihnen die Auflösung des Titels nicht schuldig: wer Tatsachen leugnet, die zum Schutz des Gemeinwesens beitragen, und aktiv dagegen agiert, hat keinen Anspruch auf rücksichtslos-asoziale Selbstliebe und Klopapier. Eines geht nur - selbstverständlich bleibt die freie Wahl gemäß unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Herzlich

Ihr

Wolfgang Bühmann