Die Uro-Kolumne 11/2023

Autor: |Veröffentlicht am 20. Dezember 2023|Aktualisiert am 21. März 2024

KL irrlichtert ins „E-Age“

20.11.2023. „Mit der elektronischen Patientenakte revolutionieren wir die Medizin. Weil damit sowohl für die Behandlung als auch für die Forschung KI einsetzbar wird. So können Ärzte und Patienten mittels KI die Behandlung mit dem neuesten Stand der Wissenschaft abgleichen.“

„Hier entsteht etwas, das wird die Medizin drastisch verändern. Digitalisierung wird Ärzte und Pflegekräfte entlasten und damit den Fachkräftemangel bekämpfen. Und es wird auch die Patienten mündiger machen.“ (KL am 09.11.2023 auf X)

Was steckt dahinter? Besoffen vom irrwitzigen Glauben, dass der Weg in ein neues Zeitalter der Medizin aus Null und Eins besteht, erschafft KL mit zwei neuen Digitalgesetzen das „E-Age“ in der deutschen Medizin. Der Patient wird glücklicher, weil er die Herrschaft über seine Gesundheitsdaten an seine treusorgende Krankenkasse und heilsbringende Forschungsprojekte abtreten darf, selbige aber mit KI analysieren kann (wer will das außer ein paar Grundschullehrern mit Doppelnamen?) um dann sofort einen Fachanwalt für Medizinrecht einschalten zu können, da ihm die KI offenbart hat, dass der „Leistungserbringer“ eine Fußnote, der nächste Woche zur Veröffentlichung anstehenden Leitlinie, bei der Ausgestaltung der Therapie nicht bedacht hat - spätestens aber dann, wenn wir in der ePA des Patienten, die weder eine vernünftige Suchfunktion noch OCR ihr eigen nennt, einen Halbsatz in einem PDF-File überlesen haben und das zu negativen Konsequenzen für den Pateinten führen könnte.

Die Kassen wiederum werden in die Lage versetzt, den Patienten anhand der Analyse seiner Daten auf aktuelle und zukünftige Gesundheitsrisiken hinzuweisen, das geht wesentlich zuverlässiger, als wenn man hier noch das subjektive Moment ärztlichen Denkens, welches nicht immer analytisch, sondern auch intuitiv die richtigen Ideen hervorbrachte (das nannte man vor dem „E-Age“ Erfahrung),mitspielen ließe.

Nachdem man dem Volk schon vorschreibt, dass die Fahrzeugnutzung linksgrünen Dogmen zu entsprechen hat , Heizungen der aktuellen CO2-Lage anzupassen sind, welche Nahrungsmittel umweltsynergistisch und tierethisch noch vertretbar sind,  und was man im Rahmen des  gesinnungsethischen Kontexts, vorgegeben durch die rot gelb grünen Politblase, noch denken und sagen darf, erhält der Bürger nun den Eintritt in den „Gesundheitsdatennudismus“ ganz unbemerkt, ohne aktives Handeln - die ePA ist eines Tages einfach da.

Die zu erwartende kleine renitente Gruppe von Revoluzzern die tatsächlich von ihrem „opt-out-Recht“ Gebrauch machen will, wird man, ob ihres asozialen Handelns im Hinblick auf die zukünftige KI-gestützte Volksgesundheit durch eine ähnliche Stigmatisierung, wie weiland die Impfgegner, auf Linie zwingen wollen.

Die leuchtende Zukunft des in mehrfacher Hinsicht gewinnbringenden „Data-Minings“ scheint in greifbarer Nähe, doch hier könnte der feuchte Traum von KL einfach wie eine Seifenblase, die nach wenigen Sekunden grazilen Schwebens in der Luft, sich in selbige auflöst, platzen. Immerhin wollen etwa 60 Millionen ePA’s befüllt sein. Da der Patient nominell die Hoheit über seine ePA hat, darf er dort alles an Gesundheitsdaten speichern was ihm beliebt. Die Vorgaben für Dateiformate sind daher entsprechend lax, selbst Word-Dateien sollen möglich sein – schöner kann man nicht Viren, Trojanern und damit Hackern den roten Gala-Teppich in einen der sensibelsten Bereiche der Datenwelt ausrollen. Über die Datenkompatibilität zwischen den vielen am Markt befindlichen Patientenverwaltungssystemen in Praxis und Klinik will ich an dieser Stelle gar nicht reden.

Keine Angst liebe Leserinnen und Leser, wir „Leistungserbringer“ dürfen beim Befüllen natürlich auch mitspielen, wir werden sogar per Gesetz zum Befüllen gezwungen, die Höhe der Geldstrafe, sollten wir uns verweigern, wird gerade noch im Gesetzgebungsprozess festgelegt.

Es muss uns aber nicht angst und bange werden, die Lösung ist, wie so oft, ganz einfach.

Wir bieten dem „ePA-Patienten“ für die Erstbefüllung einen frühen oder späten, unbequem gelegenen Randtermin an, und avisieren ihm gleichzeitig, dass der Preis für die Pflege und Durchsicht seiner ePA die Umwandlung von Arztzeit in Bürokratiezeit sein wird, und dann braucht es nur noch ein, zwei Sätze zum nicht existenten Datenschutz….
Gutes Gelingen, Herr Gesundheitsminister!

Herzlichst

Holger Uhthoff