Die Uro-Kolumne 07/2024

Autor: |Veröffentlicht am 19. August 2024|Aktualisiert am 19. August 2024

Anno 2025 - Post von Ihrer freundlichen KV

20.07.2024. Sehr geehrte(r) Leistungserbringende(r),

Sie haben in den letzten zwei Wochen sieben freie Termine zur Versorgung gesetzlich versicherter Leistungsempfänger widerrechtlich unterschlagen, indem sie selbige nicht gesetzeskonform dem GKV-Terminportal gemeldet haben, obwohl Sie zur tagesgleichen Meldung seit 1. Januar 2025 verpflichtet sind. Wir erinnern sie nachdrücklich an Ihre Verpflichtung zur Meldung und weisen Sie darauf hin, dass weitere Verstöße nach der "Bußgeldordnung für Leistungserbringende im kassenärztlichen Bereich" geahndet werden.

In diesem Zusammenhang weisen wir Sie auf das Verbot der bevorzugten Terminvergabe für privatversicherte Leistungsempfänger*innen hin. Die Testpatientin Anna K. (Mitarbeiterin der AOK) hat am 13.04.2025 unter Verweis auf Ihren privaten Versicherungsstatus einen Termin für den Folgetag erhalten, obwohl Ihre Leistungserbringungseinrichtung an diesem Tag keine freien Termine gemeldet hatte. Nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben wird ein erneuter Verstoß die vierwöchige Sperrung Ihrer Leistungserbringungseinrichtung für privatversicherte Leistungsempfänger nach sich ziehen.

Weiterhin haben Sie, entgegen der Vorgaben zur „Flexibilisierung der Leistungserbringenden-Sprechzeiten“ vom 01.02.2025, die eine Öffnung bis 20:00 Uhr an Werktagen vorschreibt, ihre Leistungserbringungsstätte an den letzten 4 Mittwochen bereits um 19:00 geschlossen. Zeugin für diese Fälle ist IMDK (informelle Mitarbeiterin der Kassen) Huber, die in benannten Zeiträumen bei ihnen vor verschlossenen Türen stand. Wir weisen Sie daher nachdrücklich darauf hin, dass Sie zur Öffnung in den vorgeschriebenen Zeitfenstern verpflichtet sind. Ebenso haben Sie, natürlich zu Ihren persönlichen Lasten, ausreichend Personal bis zum Sprechstundenende vorzuhalten- die arbeitsrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich Gehaltszuschlägen in den Abendstunden sind zwingend zu beachten. Ihr Verhalten stellt einen empfindlichen Verstoß gegen Ihren Sicherstellungsauftrag dar, welcher im Wiederholungsfall, mit einem Honorarabzug von 500 € pro angefangene Stunde sanktioniert werden wird.

Die KI-gestützte Prüfung Ihrer Leistungsabrechnung des ersten Quartals hat ergeben, dass Sie in nicht unerheblicher Zahl die "robuste Mengensteuerung der Leistungserbringung" unterlaufen haben, indem Sie Leistungen erbracht haben, die nach KI gestütztem Abgleich der "Evidenzregeln der Kassen" in Einheit mit den Vorgaben des SGB V als nicht notwendig bzw. nicht wirtschaftlich eingestuft werden (siehe Anhang). Da es sich um einen minderschweren Erstverstoß Ihrerseits handelt, konnten wir das Ansinnen der Kassen, eine zivilrechtliche Klage wegen Abrechnungsbetrugs anzustrengen, verhindern. Selbstredend werden wir die unrechtmäßig erbrachten Leistungen bei der nächsten Abrechnung in Abzug bringen.

Abschließend setzen wir Sie in Kenntnis, dass die ortsansässige urologische Klinik ab 01.10.2025 vollumfänglich zur ambulanten vertragsleistungserbringenden Einrichtung zugelassen wird. Die hieraus folgende Budgetkürzung wird zum Ende des Folgejahres rückwirkend festgelegt. Die Verpflichtung zur Erfüllung Ihres gesetzlich festgelegten Leistungsumfangs besteht unbesehen davon. In Anlage 2 finden sie den Katalog der auf Grund gesetzlicher Vorgabe von Ihnen verpflichtend durchzuführenden ambulanten Operationen. Diese Verpflichtung besteht ungeachtet Ihrer apparativen Ausstattung, Ihrer operativen Fähigkeiten oder der Möglichkeit der betriebswirtschaftlich sinnvollen Erbringung dieser operativen Leistungen. Bitte teilen sie uns binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit, welche operativen Leistungen ab 01.10.2025 bei Ihnen erbracht werden (können). Wie weisen schon heute darauf hin, dass bei Leistungsausschlüssen Ihrerseits, die Kostendifferenz bei Erbringung der Leistung in der Klinik in einem Regress für Sie seitens der betroffenen Krankenkasse münden wird.

Zum Schluss erlauben sie uns den kollegialen Rat, dass Ihnen selbstredend der Rechtsweg hinsichtlich der demnächst ergehenden Bescheide, obige Punkte betreffend, offensteht, allerdings haben sie als Leistungserbringer im Rahmen der Sozialrechtsprechung nur sehr geringe Erfolgsaussichten - seien sie intelligent und vermeiden Sie durch Verzicht auf den Rechtsweg die unweigerliche Folge auf der GKV-Black-List zu landen und sich damit der ganzen Härte zukünftiger Sanktionsmöglichkeiten auszusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre KV - Ihre Interessen in unserer Hand!

Liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie jetzt den Eindruck gewonnen haben sollten, ich hätte die falschen Pilze gegessen oder schlechtes Gras geraucht - weit gefehlt. Dieses von mir entworfene Horrorszenario ist Gegenstand kranker Allmachtsphantasien des GKV-Spitzenverbandes, niedergelegt in einem aktuellen Positionspapier: "Verbesserung und Stärkung der ambulanten Versorgung". Klarer als in diesem Papier kann man nicht darlegen, dass die Krankenkassen jedweden Respekt uns gegenüber verloren haben - man sieht uns in der Rolle eines quasi angestellten Leistungserbringers, der sich allumfänglich dem Diktat des Systems zu unterwerfen hat. Es stehen nicht weniger als unsere Freiberuflichkeit und unsere Würde auf dem Spiel - seien wir wachsam und wehrhaft.

Herzlichst Holger Uhthoff