INTERVIEW: Stabwechsel an der DGU-Spitze: 9 Fragen an den neuen Generalsekretär Prof. Dr. Maximilian Burger
Acht Jahre war Prof. Dr. Maurice Stephan Michel Gesicht und Stimme der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU). Auf dem 76. DGU-Kongress endete die Ära Michel im Amt des Generalsekretärs und Sprechers des DGU-Vorstands mit dem Ablauf der Höchstamtszeit. Den Staffelstab übernommen hat Prof. Dr. Maximilian Burger. Im Interview mit der DGU-Pressestelle steht der Direktor der Klinik für Urologie des Caritas-Krankenhauses St. Josef in Regensburg und Ordinarius für Urologie der Universität Regensburg Rede und Antwort.
1. Herr Prof. Burger, Sie wurden auf einstimmige Empfehlung des DGU-Vorstands in der Mitgliederversammlung im Rahmen des 76. Kongresses der Fachgesellschaft im September 2024 ohne Gegenstimme zum neuen Generalsekretär und Sprecher des DGU-Vorstands gewählt: Was bedeutet Ihnen dieser große Vertrauensbeweis?
Sehr viel. Ich bedanke mich an dieser Stelle nochmal für diese enorme Unterstützung. Aber klar: Es wird auch Gleichgültige und Skeptiker geben. Ich werde mich bemühen, erstere für die Belange der DGU und damit der Urologie in Deutschland zu interessieren, und das Vertrauen letzterer im Lauf der Zeit zu gewinnen.
2. Von 2014 bis 2021 haben Sie bereits das Ressort Forschungsförderung im DGU-Vorstand geleitet: Was hat sie motiviert, für das Spitzenamt der europaweit größten nationalen urologischen Fachgesellschaft zu kandidieren?
Die Motivation kam von den vielen Aktiven innerhalb der DGU, die mich da erst mal animiert und dann sehr unterstützt haben. Aus meiner Zeit im Vorstand wusste ich in etwa, wie unsere Fachgesellschaft läuft. Das hilft freilich, die Funktion des Generalsekretärs einzuschätzen – und hier stehe ich ja auch in der Tradition meiner Vorgänger, die schon vor ihrem Amt länger in der DGU und auch im Vorstand aktiv waren.
3. Sie übernehmen eine bestens aufgestellte Fachgesellschaft – allerdings in schwierigen Zeiten: Mit welcher Agenda treten Sie an, um die hervorragende und flächendeckende urologische Versorgung in Deutschland trotz Ambulantisierung, Krankenhausreform, Hybrid-DRGs und Fachkräftemangel zu gewähren?
Meine Agenda ist ganz einfach: Teamwork. Diese Herausforderungen können wir nur gemeinsam meistern. Aber Agenda hin oder her, wir müssen diesen Wandel ehrlich anschauen: Viele Rahmenbedingungen können wir nicht beeinflussen. Nach dem Koalitionsbruch wissen wir nicht einmal genau, wohin die Reise der Gesundheitsgesetze geht. Aber ein paar Änderungen im System sind auch wirklich unvermeidbar über Kurz oder Lang, auch wenn uns das erstmal gar nicht passen mag. Da hilft kein Jammern. Gemeinsam können wir uns am besten damit arrangieren und für unsere Patientinnen und Patienten das Bestmögliche herausholen.
4. Politik, Forschungsförderung und Leitliniensetzung: Für Ihren Amtsvorgänger Michel sind es die drei Säulen eines modernen Verbands, und tatsächlich ist die DGU in seiner Ära zu einer politischen Stimme geworden, die das Bundesministerium für Gesundheit berät und vehement für ein PCa-Screening eintritt. Gehen Sie diesen Weg weiter?
Ja selbstverständlich! Alle Säulen hat Stephan Michel im wahrsten Sinne des Wortes bestens aufgestellt – wir werden das Fundament gemeinsam weiter festigen. Auf diesen Säulen stehen schon sehr wichtige Themen und diese bleiben weiterhin in unserem Focus – freilich auch die Früherkennung des Prostatakarzinoms.
5. Nachgefragt: Gibt es Signale aus den politischen Gremien, dass ein PSA-basiertes risikoadaptiertes PCa-Screening zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland etabliert wird?
Kein Kommentar, das werden Sie mir nachsehen. Aber ganz im Vertrauen und unter uns: Ich bin optimistisch.
6. Und wie wird es in puncto Leitlinienarbeit weitergehen? Ganz offenbar sind Aktualisierungen im Sinne einer „living guideline“ in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) schwierig umzusetzen.
Ja, das ist eine Herausforderung. Aber wenn alles ganz leicht und selbstverständlich wäre, bräuchte es so eine Fachgesellschaft wie die DGU mit ihren Strukturen und Fähigkeiten nicht – man muss das auch mal so sehen. Wir werden einen guten und für alle Beteiligten und insbesondere unsere Patienten guten Weg finden, „living guidelines“ zu etablieren.
7. Wie wichtig ist angesichts der epochalen Reformen im Gesundheitswesen die Zusammenarbeit mit dem BvDU?
Unbenommen wie groß die Reformen unter einer neuen Regierung tatsächlich ausfallen werden: Der BvDU und die DGU sind zwei Seiten einer Medaille – ganz einfach. Jede Seite hat ganz spezifische Zwecke. Die Belange des Berufsverbands und der Fachgesellschaft müssen sich ergänzen, und wo sie sich überlagern, braucht es klare Koordination. Wichtig ist also die gute Zusammenarbeit mit dem Berufsverband einerseits und die gute Abstimmung andererseits.
8. Wie interpretieren Sie Ihre Führungsrolle im Vorstand – sehen Sie sich als Teamplayer oder eher als Individualisten?
Hier darf ich an meine Agenda erinnern: Teamwork geht nur mit Teamplayern. Die haben wir im Vorstand ausnahmslos, und da werde ich mich einreihen.
9. Abschließend gefragt: Sie sind 3-facher Familienvater, Klinikdirektor, Ordinarius, laut Google Kommunalpolitiker in der bayerischen Gemeinde Neukirchen und nun gewählter DGU-Generalsekretär – hat Ihr Tag mehr als 24 Stunden?
Danke für die Frage! Aber diese Steilvorlage, Sie zu beeindrucken, muss ich der Ehrlichkeit halber auslassen. Die DGU ist wirklich gut organisiert und aufgestellt – dank Frank Petersilie und Holger Borchers als Geschäftsführer, dem ganzen Team der DGU und aller Aktiven kann man „den Generalsekretär“ sehr gut mit „einem Kliniker“ vereinbaren. Und das muss ich auch können, da ich in der Klinik nicht weniger präsent sein will und kann. Aber auch meine Klinik ist gut organisiert und aufgestellt – dank dem Regensburger Team kann ich effektiv arbeiten. Da bleibt mir also genug freie Zeit und die geht komplett in die Familie. Da sind ein paar wenige Abende im Gemeinderat kein Problem, die einem zudem zeigen, worum es in Gemeinden im vorderen Bayerischen Wald geht: um Teamwork wie eben auch in der Urologie.