Kommentar

Autor: |Veröffentlicht am 14. November 2019|Aktualisiert am 21. März 2024

Kommentar zur DGU-Kolumne vom 20.11.2019: 
Projekt „Versorgungsforschung“ - Bestattung bereits vor der Taufe?


d-uo macht Versorgungsforschung!
Fortsetzung

Während der Kollege Bühmann am Anfang seiner Kolumne noch auf diese vielfältigen Aufgaben der VF hinweist, reduziert er am Ende die VF unzulässigerweise auf eine reine retrospektive Datenextraktion, die „ausschließlich“ zum Ziel haben solle, angemessene Ressourcen sowie Vergütung der Erbringer zu gewährleisten. Andere Aufgaben und Ziele von VF über diese - berufspolitisch durchaus wichtigen - Fragen werden von ihm als „unethisch, unredlich und sinnfrei“ bezeichnet. Bei so viel Anmaßung sind einige Klarstellungen nötig:

Versorgungsforschungsstudien, beispielsweise zum patientenorientierten Nutzen neu zugelassener medikamentöser Therapien, können mit der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Erfassung der Nebenwirkungen unter Alltagsbedingungen kombiniert werden. Die gleichzeitige Erfüllung dieser Aufgaben gibt uns ferner die Chance, die Dokumentation der von ambulanten urologischen Behandlern versorgten Patienten in Deutschland abzubilden.

All dies geschieht im Falle der Deutschen Uro-Onkologen (d-uo) ausschließlich über Studien, die sich durch eine Hypothese, ein Ethikvotum und natürlich die notwendige Einwilligung der Patienten auszeichnen. Rein retrospektive Datenextraktionen, wie von Herrn Bühmann propagiert, können solche wissenschaftlichen Fragestellungen nicht beantworten. Alle ambulanten Behandler, die bei d-uo mitwirken, werden wie in Studien üblich für den Dokumentationsaufwand honoriert. Die Datenhoheit liegt bei d-uo vertraglich gesichert ausschließlich bei den beteiligten Urologen, also den Studienleitern, dem Vorstand und den ggf. weiteren beteiligten Wissenschaftlern, jedoch nicht dem Software-House und erst recht nicht bei der Industrie.

Die Unterstützung solcher wichtigen VF-Studien durch Pharmaunternehmen als „Verkauf der Daten an die Industrie“ zu bezeichnen, ist daher völlig unzutreffend und verrät darüber hinaus eine verkürzte und verzerrte Sicht über die Aufgaben der VF ( – Thema verfehlt).

Die Honorierung der d-uo Studien als „Gewinnbeteiligung“ zu bezeichnen und diese in einen Zusammenhang mit Geldwäsche und Mafia zu bringen, ist dagegen derart grotesk und ehrenrührig, dass hier eine klare Distanzierung von den Aussagen des Kollegen Bühmann gefordert werden muss: wenn 6 niedergelassene Kollegen aus dem d-uo Vorstand seit Mitte 2017 aus rein wissenschaftlichem Interesse in ihrer Freizeit ehrenamtlich innerhalb eines Jahres eine völlig neue Dokumentationsplattform schaffen, eine Studiengesellschaft mit einschlägiger wissenschaftlicher Reputation gewinnen und diese Vorleistung ohne „Startkapital“, sondern lediglich dem Jahresbeitrag direkt den Mitgliedern zur Verfügung stellen, dann sollte klar sein, dass hier keine pekuniären Motive verfolgt werden. Dabei hatte d-uo als Erster die Idee, die Arbeit der Krebsregistermeldung auch für die eingangs genannten Aspekte der VF zu nutzen. So unternimmt d-uo bereits heute retrospektive Datenanalysen und führt prospektive nicht-interventionelle Studien sowie Beobachtungsstudien durch.

Zum Schluss noch eine grundsätzliche Bemerkung: das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich bekanntlich durch einige Besonderheiten aus, die im Vergleich zu zentralistisch organisierten Gesundheitswesen (z.B. England oder Frankreich) eine umfassende Freiheit bei der Wahl von Therapeut und Behandlung ermöglicht, die Erfassung und Erforschung ambulanter Behandlungsdaten jedoch strukturbedingt erschwert. Die hierzulande oft geäußerte Meinung, ein Projekt mit nationaler Reichweite und Aufgabenstellung, welches nicht von vornherein einen Alleinvertretungsanspruch formuliert, sei abzulehnen, scheint im Vergleich mit anderen föderalen Staaten nicht nur unrealistisch, sondern auch nicht zielführend: Erstens sollte Herr Bühmann dann andere Forschungsprojekte nennen können, auf die das zutrifft und für deren Erfolg entscheidend gewesen wäre. Und zweitens muss er auch nicht zwischen „zwei Anbietern“ wählen (von denen nebenbei bemerkt ausschließlich d-uo seit fast zwei Jahren aktiv ist und in dieser Zeit 3.500 Patienten dokumentiert hat), denn Ziele, Datenerfassung und Auswertungsmöglichkeiten werden sich bei d-uo und dem Projekt des BvDU schon jetzt erkennbar erheblich unterscheiden.

In diesem Sinne wünschen wir dem Betrachter ein rümhart und vor allem klaarkimming (Motto von Sylt, friesisch für weites Herz und klaren Blick).

M. Johannsen und C. Doehn für den d-uo Vorstand