Die Uro-Kolumne 02/2023

Autor: |Veröffentlicht am 20. März 2023|Aktualisiert am 21. März 2024

Quo vadis Berufsverband – ein zorniger Weckruf

20.02.2023. Kennen Sie die Herren Waldorf und Statler, die beiden kauzigen Typen, die ständig vom Balkon aus dazwischenrufen, und das Geschehen auf der Bühne kommentieren? So stelle ich mir den Prototyp des aktuell in den woken Mainstream-Sprech eingeführten „alten weißen Mannes“ vor. Jim Henson war also seiner Zeit weit voraus, als er die beiden 1975 erstmalig in der Muppets-Show auftauchen ließ.

Heute nehme ich auf dem Balkon Platz und schaue mir das Treiben im Berufsverband an…

“Something is rotten in the state of Denmark” heißt es schon bei Shakespeare und diese Redensart aus Hamlet bewahrheitet sich hier und heute in trauriger Gewissheit: „something ist rotten in the BvDU“.

Vorbei sind die Zeiten von Richter-Reichhelm und Schalkhäuser, als man vom BvDU (damals hatte der Verein noch nicht das „v“ im Namen) noch von berufspolitischem Schwergewicht und hörbarer Stimme in der (Berufs-)Politik reden konnte. Sicher alles hat seine Zeit und meine Generation macht auf dem Dancefloor zu Gloria Gaynor bei zunehmendem „Hüft-Biopren“ auch keine glückliche Figur mehr, hier wäre distinguiertes Fußwippen die bessere, vor allem ansehnlichere Variante, aber der Lauf der Zeit musste nicht zwangsläufig zu einer zunehmenden Verzwergung und Unsichtbarkeit dieses einstmals selbstbewussten und wahrnehmbaren Berufsverbands führen.

Dies nahm in den „Schroeder-Jahren“ seinen Anfang. Das Einkuscheln beim Spitzenverband der Fachärzte und die Ausrichtung der berufspolitischen Arbeit des BvDU am SpiFa-Mainstream, immerhin waren auch in dieser Organisation für die führenden Protagonisten des BvDU aussichtsreiche Pöstchen zu ergattern, hat unserem Berufsverband nicht gutgetan, mehr noch, er hat seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit größtenteils verloren. Substantielle Verbesserungen der urologischen Großwetterlage, für die der Berufsverband verantwortlich zeichnet, sind eher Randerscheinungen gewesen – immerhin konnte man die Onkologievereinbarung so verhandeln, dass eine urologische Teilnahme weiterhin möglich ist und die Vergütung der ambulanten Zystoskopie wurde verbessert. Die Umstände, die zum vorzeitigen Ende der Schroeder-Ära, offiziell war es eine Übergabe der Verantwortung an die jüngere Generation zum passenden Zeitpunkt, sind bis heute nicht in toto und transparent aufgearbeitet, nicht umsonst schleppte sich die Entlastung des Präsidiums über mehrere Mitgliederversammlungen – ein bis dahin einzigartiges wie erbärmliches Schauspiel für den Verein. Auf Schroeder folgte Steiniger, die erste Frau an der Spitze des Verbandes, deren Amtszeit, fleißig aber berufspolitisch farblos, nun durch die neue Aufgabe des Vorstandsvorsitzes der KV-Brandenburg schon wieder zur nächsten Mitgliederversammlung 2023 ein Ende finden wird. Unverständlich bleibt in diesem Zusammenhang die späte Einsicht in die Unvereinbarkeit der Hüte die man (Frau) jetzt träg. Anstatt einen klaren Schlussstrich mit einem sofortigen Rücktritt zu ziehen und in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Spitze neu zu besetzen, bleibt der BvDU bis zum Herbst in kommissarischer Leitung durch ein „Führungsteam“. Wieder werden wertvolle Monate in einer gesundheitspolitisch äußerst dynamischen Zeit ohne Not vergeudet und der Berufsverband ist einmal mehr mit sich selbst beschäftigt.
Der/die Neue tritt im Herbst eine Herkulesaufgabe an. Die urologische Berufspolitik muss ihre Eigenständigkeit zurückgewinnen und messbare Erfolge, die eine Mitgliedschaft im BvDU sinnvoll erscheinen lassen, sind unabdingbar, sonst wird der stetige Mitgliederschwund der letzten Jahre weiter an Fahrt gewinnen – und ohne zahlende, aber sich auch engagierende Mitglieder ist eine vernünftige Berufspolitik schlicht unmöglich. Die neue Führung sollte sich ohnehin die Frage stellen, ob es noch zeitgemäß und machbar ist, berufspolitische Arbeit im Ehrenamt zu leisten, oder wäre eine engere Verzahnung mit der Fachgesellschaft und den damit verbundenen finanziellen Mitteln und der größeren Manpower nicht ein vernünftiger Weg. Die Chance mit der DGU unter einem Dach im Haus der Urologie nicht nur zu wohnen, sondern auch zu arbeiten, hat der BvDU vor Jahren klassisch vergeigt, und die ausgestreckte Hand der Fachgesellschaft ausgeschlagen. Wir werden sehen, wo die Reise hingeht – persönlich wäre ich froh, wenn ich vom „Waldorf/Statler Balkon“ aus zukünftig dem BvDU einmal Applaus spenden könnte.

Herzlichst

Ihr Holger Uhthoff