Autor: Redaktion|Veröffentlicht am 18. Januar 2012|Aktualisiert am 24. Mai 2023

Zweitmeinungsnetzwerk Hodentumor ein Erfolgsmodell der Urologie

Aktuelle Entwicklung zum Keimzellkrebs beim 63. DGU-Kongress in Hamburg

Hamburg, 23.08.2011. Mit jährlich etwa 5000 Neuerkrankungen zählt Hodenkrebs zu den vergleichsweise selteneren Diagnosen in der Urologie, ist aber gleichzeitig der häufigste bösartige Tumor des jungen Mannes: Die Heilungsaussichten dieser Tumorentität gelten in der Regel als sehr gut. Um in Deutschland flächendeckend eine optimale Behandlung für diese Erkrankung zu gewährleisten, hatten die Deutsche Hodentumor Studiengruppe mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) das Projekt „Zweitmeinung Hodentumor“ initiiert. Nach fünf Jahren hat sich das Projekt zu einem Kompetenznetzwerk entwickelt, auf dessen Expertise behandelnde Ärzte inzwischen in rund 2000 Fällen zurückgegriffen haben. „Das nationale Zweitmeinungsnetzwerk Hodentumor hat sich als Erfolgsmodell uroonkologischer Versorgung unter urologischer Leitung etabliert und zur nachweisbaren Verbesserung der Versorgungsqualität geführt“, sagt DGU-Präsident Prof. Dr. Joachim Steffens. Beim 63. DGU-Kongress vom 14. bis 17. September 2011 in Hamburg werden neueste Entwicklungen in der Behandlung von Keimzellkrebs, besonders die Aussichten auf eine weitere Reduzierung der Therapieumfänge, vorgestellt.

Der Leiter des Zweitmeinungsnetzwerkes Hodentumor, Prof. Dr. Mark Schrader, erläutert: „Unser Ziel ist es, bei dezentralen Strukturen höchste Versorgungsqualität durch eine leitlinienkonforme Therapie von Hodentumoren zu gewährleisten. Das ist inzwischen flächendeckend möglich, da jeder behandelnde Urologe vor der Planung der primären Therapie kostenfrei und unkompliziert Zweitmeinungen von Spezialisten aus dem Netzwerk einholen kann.“ Ältere Studien hatten nach Angaben des ärztlichen Direktors der Ulmer Universitätsklinik für Urologie gezeigt, dass es in Deutschland deutliche regionale Unterschiede der Mortalitätsraten von Hodenkrebs gibt, was darauf schließen lasse, dass aktuellste Therapiestandards nicht flächendeckend implementiert seien. Die alleinige Veröffentlichung von Leitlinien genüge nicht.

Diese Studien hatten den Ausschlag für die Einrichtung des Zweitmeinungsprojektes Hodentumor gegeben, das von der Deutschen Krebshilfe zunächst noch bis 2014 finanziell gefördert wird. Nach Angaben von Prof. Dr. Schrader sind Keimzelltumore bei Männern unter 50 Jahren in Deutschland die häufigste maligne Tumorerkrankung. Die Heilungsaussichten bezeichnet er als exzellent: „Hodentumor ist der am besten heilbare unter den soliden Tumoren.“ Eine inadäquate Therapie könne jedoch diese Heilungschance reduzieren, zu schweren Komplikationen und Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen. Der Uroonkologe ermutigt Hodenkrebspatienten vor diesem Hintergrund, ihren behandelnden Arzt nach Hodenentfernung und Ausbreitungsdiagnostik um eine Abstimmung des Therapieplans mit einem Experten des Zweitmeinungsnetzwerkes Hodentumor zu bitten. Einen verbindlichen Anspruch gibt es noch nicht, bedauert der Leiter des Netzwerks.

Der Ablauf der internetbasierten Zweitmeinungs-Konsultation ist einfach: „Nach einer einmaligen Registrierung auf der Internetseite ‚www.zm-hodentumor.de’ kann der Urologe einen anonymisierten Patientendatensatz an eines von heute 32 Zweitmeinungszentren des Netzwerkes online übermitteln. Pro Datensatz werden 21 für die Therapieentscheidung relevante Informationen abgefragt. Auf deren Grundlage erfolgt dann binnen 48 Stunden eine Empfehlung durch den Spezialisten des Zweitmeinungszentrums“, sagt Prof. Dr. Schrader. Drei Monate nach der Anfrage werde vom angegliederten Datenzentrum erhoben, welche Therapie letztlich erfolgt sei. Nach zwei Jahren werde schließlich noch ein Follow-up durchgeführt. 

Bei der Mehrzahl der inzwischen fast 600 Anfragen pro Jahr wird nach Angaben von Prof. Dr. Schrader die geplante Therapie des behandelnden Urologen durch die Zweitmeinung bestätigt. In etwa einem Drittel der Fälle unterschieden sie sich jedoch – tendenziell eher bei Nichtseminomen und bei fortgeschritteneren Tumorstadien. Bei etwa 40 Prozent dieser diskrepanten Fälle sah die Planung des behandelnden Arztes eine intensivere Therapie vor als durch die Zweitmeinung empfohlen. In gut 26 Prozent der Fälle war es umgekehrt. Bei Unterschieden zwischen Erst- und Zweitmeinung übernahmen rund 70 Prozent der anfragenden Ärzte den Vorschlag des Zweitmeinungszentrums.

DGU-Pressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch, selbst Zweitmeinungsärztin in dem Netzwerk, unterstreicht die Bedeutung einer europäischen Konsensus-Leitlinie zum Hodentumor: „Die Konformität von Diagnostik und Therapie mit diesem interdisziplinären Konsensus ist das Maß. Die Leitlinie wird ständig dem neusten Erkenntnisstand angepasst.“ Darin sieht die Urologin und Andrologin vom Universitätsklinikum Münster denn auch eine Ursache für die häufige Diskrepanz zwischen Therapieplanung und Zweitmeinung. „Besonders für Niedergelassene ist es bei einer vergleichsweise so seltenen Erkrankung ungeheuer schwer, permanent auf dem aktuellsten Stand zu sein.“ Für sie ist das Netzwerk ein zeitgemäßer Ansatz der Urologie, uroonkologische Versorgungsqualität in der Fläche zu stärken.

Hodenkrebs wird auch beim 63. DGU-Kongress vom 14. bis 17. September 2011 in Hamburg ein Thema sein. Dort werden in mehreren Vorträgen die jüngsten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Tumorentität vorgestellt. Prof. Dr. Mark Schrader: „Zurzeit wird der Therapieumfang im klinischen Stadium 1 beim Nichtseminom diskutiert, was etwa 35 Prozent aller Patienten betrifft. Einiges deutet darauf hin, dass hier künftig ein Zyklus PEB Chemotherapie statt bisher zwei ausreichen könnte.“

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